Bedingt durch die Ereignisse im Frühjahr 2020 ist das e-learning in den Fokus geraten und vielfach in die Erwachsenenbildung implementiert worden. Dabei wird der Begriff missverständlich genutzt. Eigentlich werden immer Problematiken des e-teachings besprochen und nicht des e-learnings. Dieser Artikel soll die Begrifflichkeiten klären und das e-learning im engeren Sinne perspektivisch aufbereiten.
Einleitung e-learning
Aufgrund der pandemischen Situation ist der Bereich und damit auch der Begriff des e-learnings verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit gelangt. Dabei kann der Begriff des e-learnings als Oberbegriff angesehen werden, obwohl er nur einen Teil der Thematik erfasst. Meistens wird dieser Begriff für das e-teaching verwendet, d. h. die Lehrprozesse mit Hilfe von elektronischen Medien durch die Dozierenden. So beinhaltet der Begriff des e-learnings den Begriff des e-teachings und den des e-learnings im engeren Sinne.
Abbildung 1: e-learning (eigene Darstellung)
Für das e-learning im weiteren Sinne sind bestimmte Anforderungen erforderlich. Diese differenzieren sich in allgemeine Anforderungen, die Anforderung an die Lehrenden und den Anforderungen an die Lernenden.
1. Allgemeine Anforderungen
Die erste große Anforderung sind die technischen Voraussetzungen, die sich zum einen in einem schnellen Internetanschluss und zum anderen in entsprechenden Endgeräten manifestieren.
Darüber hinaus muss eine entsprechende Software gewählt werden, die für die Lehr-/Lernsituation geeignet ist und von allen beteiligten Personen anwendbar ist. Es ergeben sich häufig Probleme mit verschiedenen Betriebssystemen oder Browsern. Daher sollte die Software (speziell von den Dozierenden) vor den Veranstaltungen getestet werden.
Zudem ist eine weitergehende Kommunikation als in Präsenzveranstaltungen erforderlich. Der Dozierende sieht nur was er (durch die vorhandenen technischen Geräte) sieht und kann schlecht abschätzen, wie die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden einzuschätzen ist, da er sie nicht unmittelbar oder nur mit einem kleinen Bild sieht. Er sollte die Lernenden bitte entsprechende Rückmeldungen zu geben und auch selber entsprechende Rückmeldungen an die Teilnehmenden geben.
Gerade im Frühjahr 2020 wurden viele Arbeitnehmer in das Home-Office geschickt und die Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen geschlossen, was dazu führte, dass nicht nur zu Hause gelebt und gearbeitet wurde, sondern auch eine Kinderbetreuung erfolgen musste. Dieses stellte alle Beteiligten vor besondere Herausforderungen. Wenn in diesem Kontext dann auch eine Lehr-/Lernsituation zu bewältigen war, kam es zu erheblichen zeitlichen Problemen sowie organisatorischen Schwierigkeiten.
Kaum etwas kann man gegen einen Ausfall der Internetverbindung oder der Stromversorgung unternehmen. Aber für eine stabile interne Internetverbindung (z. B. durch ein LAN-Kabel) kann gesorgt werden.
2. Anforderungen an die Lehrenden (e-teaching)
Für Lehrende stellt das elektronische Lernen Herausforderungen auf verschiedenen Ebenen dar. Dieses sind zunächst die allgemeinen Anforderungen, wobei diese beim Lehrenden wichtig sind, damit dessen Übertragung funktioniert.
Darüber hinaus muss der Lehrende sich mit den technischen Gerätschaften auskennen, die er in der Regel alle selber angeschafft hat. Er muss sich in die Bedingung einarbeiten, um möglichst fehlerfrei mit diesen umgehen zu können.
Zudem ist in der Regel eine entsprechende Software erforderlich, die der Lehrende auch anwenden könnten sollte. Jede Software hat ihre Eigenheiten sowohl Vor- als auch Nachteile. Meisten hat man den Eindruck genau für die entsprechende Situation die falsche Software zu haben. Diese Software kann durch weitere Tools ergänzt oder erweitert werden.
Es empfiehlt sich sowohl die Hard- als auch die Software vor dem ersten Einsatz zu testen. Hierzu können sich verschiedene Dozierende zusammenschließen und diese ausprobieren und sich gegenseitig Hilfestellung geben, aber auch entsprechende Weiterbildungsangebote der Bildungsträger sind wünschenswert. Ein alleiniges Einarbeiten empfiehlt sich nicht, da die Ansichten für Lehrende und Lernende häufig unterschiedlich sind und man dieses meistens nur durch den Perspektivwechsel erkennen kann.
Die Didaktik muss auch an die entsprechenden Gegebenheiten angepasst werden. Je nach Software ist eine Gruppen- oder Einzelarbeit möglich, es können Abfragen gestaltet werden, es ist möglich Whiteboards zu erstellen etc. Häufig ist es so, dass die Aufmerksamkeitsspanne bei online Veranstaltungen geringer ist als bei Präsenzveranstaltungen, so dass öfter Pausen eingelegt werden müssen. Auch bei der Aufbereitung des Lehrstoffes sind andere Voraussetzungen zu berücksichtigen. Hierzu existieren eine Reihe von Lehrwerken, die genutzt werden können (z. B.: Arnold u. a. 2018; ; Häfele/Maier-Häfele 2020; Kergel/Heidkamp-Kergel 2020; Schoblick 2020), wobei diese keine vollständig Darstellung des E-Learnings hervorbringen. Aufgrund der vorhandenen Literatur wird auf diese Aspekte nicht weiter eingegangen.
Strikt vermieden werden sollte eine Aufnahme (sowohl Audio als auch Video) der Veranstaltung. Dieses ist zum einen rechtlich problematisch und zum anderen auch ein Grund für eine eher gehemmte Teilnahme der Lernenden (ohne Kamera und Mikrofonnutzung), was die aktive Gestaltung der Lehr-/Lernsituation beeinträchtigt. Zudem werden von Präsenzveranstaltungen in der Regel ebenfalls keine Aufnahmen angefertigt.
4. Anforderungen an die Lernenden (e-learning im engeren Sinne)
Bisher ist weit weniger die andere Perspektive betrachtet worden: Das e-learning im engeren Sinne bleibt in den aktuellen Diskussionen häufig im Hintergrund. Dieses ist das Lernen der Teilnehmenden. Diese müssen sich auch auf diese spezielle Art des Lernens einstellen. Hierzu sind zunächst die technischen Voraussetzungen erforderlich, ebenso wie die Kenntnis von der Funktion der Hard- und Software. Daher sollte es von Seiten der Bildungsträger einen Einführungskurs geben oder zumindest vorab Informationen für den Umgang mit der Software, damit die Lehr-Lernsituation weitgehend komplikationslos durchgeführt werden kann. Zudem sollten die Teilnehmenden auf die Besonderheiten dieser Lehr-/Lernsituation hingewiesen werden, wie auch auf den erhöhten Kommunikationsbedarf sowie die Risiken und Chancen.
„Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber man kann es nicht zum Trinken zwingen. Das Trinken ist seine Sache.“ (Bateson 1982, S. 128). Wie auch in der Präsenzveranstaltung sind die Lehrenden Lernbegleiter und die Teilnehmenden müssen selber den Lernprozess durchlaufen. Die für den Lernprozess vorrangig verantwortliche Person ist die lernende Person. Eine „unkontrollierte“ Teilnahme in den eigenen vier Wänden erfordert ein höheres Maß an Disziplin.
Die Bereitschaft auf einem elektronischem Weg lernen zu wollen muss vorhanden sein sowie die prinzipielle (technische) Möglichkeit dieses auch tun zu können. Hierzu sind für die Lernenden folgende Aspekte relevant:
- Der Lernort ist von großer Wichtigkeit. Es muss eine entspannte Sitzposition möglich sein, die Lichtverhältnisse müssen ein gutes Sehen und Gesehen werden gewährleisten. An dem Lernort sollten Lernende entsprechend Ruhe finden können. So können Familienmitglieder oder Tiere störend sein und für Ablenkung sorgen.
- Soweit die Software eine Eingabe eines Namens erfordert, sollte immer der richtige und vollständige Name angegeben werden, so dass ein Ansprechen durch den Lehrenden bzw. die anderen Lernenden möglich ist und eine Art Personalisierung erfolgt. Hierdurch wird eine Art Verbindlichkeit der Lehr-/Lern-Situation geschaffen.
- Die Lernmotivation sollte immer vorhanden sein. Sicherlich gibt es - wie auch bei Präsenzveranstaltungen - bessere und schlechtere Tag. Ein Aspekt der Motivation kann es sein, dass der Fahrtweg zu Präsenzlernorten wegfällt und somit Zeit (und eventuell Fahrtkosten) gespart wird. Zudem befindet man sich in seiner gewohnten Umgebung, kann die eigene Toilette verwenden etc. Allerdings kann auch der Antrieb fehlen, rechtzeitig aufzustehen oder sich frisch zu machen, was zu dem „Bad Hairday“ führen kann, weshalb man dann die Kamera nicht anschalten will.
- Eine angemessene Kleidung ist immer ein entsprechender Streitpunkt. Bei Präsenzveranstaltungen wird kaum jemand auf die Idee kommen mit Badehose und Flipflops zu erscheinen. Dieses ist an einem virtuelle Lernort viel einfacher. Zumal in der Regel über eine Kameraübertragung nur der Kopf und ein Teil des Oberkörpers zu sehen ist.
- Die Kameras sollten aktiviert sein, damit eine soziale Interaktionen zwischen den Teilnehmenden untereinander aber auch zum Lehrenden stattfinden kann, so dass zumindest teilweise die Idee des gemeinsamen Lernens vorhanden ist. Dieses scheitert leider hin und wieder an den technischen Voraussetzungen, speziell dem Internetanschluss.
- Die Zeit vor der Veranstaltung sowie die Pausen können zumindest teilweise so genutzt werden, wie auch die entsprechenden Zeiten bei Präsenzveranstaltungen: es können soziale Interaktionen der Teilnehmenden stattfinden. Dieses natürlich immer vor dem Hintergrund, dass nicht sichergestellt werden kann, wer entsprechend zuhört.
- Während der Veranstaltungen ist eine hohe Disziplin erforderlich. Es sollte immer das Mikrofon auf „stumm“ geschaltet sein, wenn man selber nicht redet. Hierdurch werden Hintergrundgeräusche und Rückkopplungen vermieden. Einige Lehr-/Lernprogramme haben die Möglichkeit des „Aufzeigens/Meldens“ wie in einer Präsenzveranstaltung. Ein Durcheinander Reden ist in einer Onlineveranstaltung schlechter zu handhaben als in einer Präsenzveranstaltung. Die akustischen Reize kommen immer aus einer Richtung, den Lautsprechern.
- Wenn Aufgaben vergeben werden, die bearbeitet werden sollen, muss auch die entsprechende Disziplin vorliegen, die Bearbeitung in der erforderlichen Zeit vornehmen zu können.
- Es sollte immer die Möglichkeit von Rückfragen genutzt werden. Dieses kann innerhalb der Veranstaltung, aber auch - soweit es die Dozierenden erlauben - außerhalb der Veranstaltungen (z. B. auf Lernplattformen oder per E-Mail) erfolgen.
Eine aktive Teilnahme der Lernenden ermöglich eine interaktive Gestaltung der online-Formate, zudem ermüden die Teilnehmenden nicht so schnell, wenn sie sich aktiv beteiligen. Für die Lehrenden wird dadurch auch klarer, wie sich der Lernfortschritt gestaltet.
5. Fazit
Das elektronische Lernen ist aus differenzierenden Perspektiven zu betrachten und erfordert von allen Beteiligten besondere Verhaltensweisen, auf die sie sich einstellen müssen. Die Dozierenden müssen ihre Lehrinhalte mediengerecht aufbereiten und die Teilnehmenden müssen sich auf die andere Art des Lernens einstellen. Zudem müssen die Teilnehmenden ihren Lernort selber gestalten und einrichten. Hierauf haben die Lehrenden keinen Einfluss, können aber Inspirationen geben.
6. Quellen
Arnold, Patricia/Kilian, Lars/Thillosen, Anne/Zimmer, Gerhard (2018) Handbuch E-Learning. 5. Auflage, Bertelsmann, Bielefeld
Bateson, Gregory (1982) Geist und Natur, Frankfurt/Main, Suhrkamp
Häfele, Hartmut/Maier-Häfele, Kornelia (2020) 101 Online-Seminarmethoden und Strategien für die Online- und Blended-Learning-Seminarpraxis. managerSeminare Verlags GmbH, Bonn
Kergel, David/Heidkamp-Kergel, Birte (2020) E-Learning, E-Didaktik und digitales Lernen. Springer VS, Wiesbaden
Schoblick, Robert (2020) Blended Learning mit MOODLE: Elektronische Lehrmittel in den modernen Unterricht integrieren. Carl Hanser Verlag, München
Ausgewählte Internetressourcen (eher für Dozierende; teilweise kostenlos):
https://wbdig.guetesiegelverbund.de/tool-o-search
https://www.mentimeter.com/
https://www.onlineumfragen.de
https://frag.jetzt
https://learningapps.org
https://www.e-teaching.org